Liebe KJBler,
viele katholische Autoren beschreiben unser Leben als einen Weg, an dessen Ende Gott stehen soll. Der Teufel versucht mit allen Mitteln, uns von diesem Weg abzubringen und zu verhindern, dass wir auf den Weg zurückkehren. Damit ihm dies nicht gelingt und wir stattdessen unser Ziel erreichen, ist besonders die Treue im wahren Glauben nötig. Der heilige Paulus zählt die Treue als eine der zwölf Früchte des Heiligen Geistes auf (Galater 5,22 – 23) und verdeutlicht somit, dass sie eine Gnade ist, die uns vom Heiligen Geist eingegossen wird. Zu sagen, man sei treu, ist leicht. Tatsächlich beweist sich unsere Treue aber erst im Augenblick der Versuchung zur Sünde. Wenn wir die Gnade der Treue annehmen und dadurch der Versuchung widerstehen, werden wir im Kampf gegen den Teufel und seine Versuchungen stärker. Dabei können diese Versuchungen ganz unterschiedlich ausfallen: Etwa als Katholik in Somalia oder Afghanistan könnte die Versuchung darin bestehen, seinen Glauben zu verleugnen, um sich vor Folter, Gefangenschaft oder Tod zu retten. Für uns Katholiken könnte es hierzulande eher eine Versuchung sein, uns dem Druck des liberalen Mainstreams zu beugen und uns diesem völlig anzupassen in Gesprächen, Verhalten, Kleidung, Konsum, Lektüre, Musik etc. Untereinander könnten wir etwa versucht sein, uns nicht gegenseitig bei Fehlern und Sünden in Liebe zu ermahnen (Matthäus 18,15 – 18) und zum Guten anzuleiten.
Aber nicht nur im Kleinen, auch im Großen versucht der Teufel, offene Flanken zu finden und sie zu attackieren, etwa indem er das Gift von Irrlehren in einem Volk oder der Kirche verbreitet. Dies ist besonders gefährlich, wenn das Gift nicht als solches zu erkennen ist, wenn die Feinde sich als Freunde ausgeben und durch Schmeicheleien und Versprechen uns zu falschen Kompromissen bewegen wollen. Christus selbst warnte uns bereits vor falschen Propheten in Schafskleidung, die tatsächlich reißende Wölfe sind (Matthäus 7,15 – 21). So müssen wir heute feststellen, dass nicht alles, was sich katholisch nennt, auch wirklich katholisch ist. Ja, selbst nicht alle, die sich Freunde oder Unterstützer der katholischen Tradition nennen, verteidigen kompromisslos die Wahrheit, ob ihnen das nun bewusst ist oder nicht.
Unsere Treue zum wahren Glauben müssen wir also gerade in der heutigen Zeit der Verwirrung und Lüge in Kirche und Welt häufig unter Beweis stellen. Unsere Treue wird in den kleinen, alltäglichen Herausforderungen sowie in den großen, Kirche und Volk betreffenden Herausforderungen geprüft. Wenn wir Gott wirklich lieben wollen, so dürfen wir uns nicht einen Bereich aussuchen, in dem wir treu sind und einen anderen, in dem wir nicht treu sind. Was wäre unsere Liebe wert, wenn sie uns nicht zur Treue in allen Dingen führen würde? Wären wir nicht Heuchler wie die Pharisäer?
Der Benediktinerabt Columba Marmion beschreibt in seinem Werk „Worte des Lebens“ das Ideal der Treue einer Seele zu Christus, ihrem Bräutigam: „Diese Treue muß eine allumfassende sein. In bezug auf den Bräutigam muß sie sich erstrecken auf alles, was seine Person, seine Rechte, seine Interessen, seine Verherrlichung angeht; in bezug auf die Seele muß sie all ihre Fähigkeiten umfassen, all ihre Handlungen veredeln, bis zum letzten Seufzer sich betätigen. Diese standhafte und beständige Treue jedes Augenblickes und auch in den allerkleinsten Dingen ist von außerordentlicher Wichtigkeit.“ Auch im Alten Testament heißt es: „Nie sollen dich Lieb und Treu verlassen, du sollst um deinen Hals sie binden, auf deines Herzens Tafel schreiben“ (Sprüche 3,3).
Wenn wir das Wesen der Treue zu Gott betrachten, stellen wir fest, dass sie alle irdischen Vorteile und alle menschlichen Beziehungen übersteigt. Das heißt, dass die Treue zu Gott uns große Opfer und Überwindungen kosten kann, dass sie uns auch auf einen Kreuzweg führen kann. Es gibt also keine Treue ohne Opferbereitschaft. Wenn dies schon auf die Treue in der Freundschaft, in der Ehe und im Volk zutrifft, wie viel mehr dann auf die Treue zu Gott, von dem alles andere ausgeht und auf den alles andere ausgerichtet ist? Aber umso schöner, dass wir uns auch des Lohnes für unsere Treue sicher sein können, wenn nicht hier auf Erden, dann garantiert im Himmel: „Sei getreu bis in den Tod, und ich werde dir das Leben als Siegeskrone geben“ (Offenbarung 2,10). Wir erlangen diese Frucht des Heiligen Geistes durch das innige Gebet, das intensive Studium des wahren Glaubens und die guten Werke aus Liebe zu Gott und zum Nächsten. Wir üben uns in der Treue, indem wir unser Denken und Handeln hinterfragen und überprüfen, ob es mit dem göttlichen Willen übereinstimmt. Trägheit, Selbstgenügsamkeit und blinder Gehorsam gegenüber Menschen und menschlichen Institutionen stehen in einem krassen Widerspruch zur Treue zu Gott. Die „Jünger der schlafenden Kirche“ (Prälat Robert Mäder) können nicht treu sein. Folgen wir daher in Wachsamkeit den Heiligen als Vorbildern der Treue auf dem geraden Weg zu Gott!
Es lebe Christus, der König!
Im Gebet verbunden,
Moritz